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Erhöht Parodontitis das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes …?

PD Dr. Kristina Bertl, PhD MSc MBA

Die Zusammenhänge zwischen Diabetes mellitus und Parodontitis sind in der Literatur sehr gut beschrieben und belegt. Eine spezielle Störung des Zuckerstoffwechsels kann während der Schwangerschaft auftreten und wird als Schwangerschaftsdiabetes bezeichnet. In Österreich sind in etwa 5–10% aller schwangeren Frauen von Schwangerschaftsdiabetes betroffen. Schwangerschaftsdiabetes erhöht das Risiko für Komplikationen in der Schwangerschaft, wie beispielsweise für eine Frühgeburt. Zugleich haben die betroffenen Frauen aber auch selbst ein höheres Risiko, nach der Schwangerschaft an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken.

Erhöht Parodontitis das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes …?
Erhöht Parodontitis das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes …?

Nachdem Parodontitis eindeutig auf Diabetes mellitus Typ 2 Einfluss nehmen kann, stellt sich nun natürlich auch die Frage, ob das Vorliegen einer unbehandelten Parodontitis bei schwangeren Frauen auch das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes erhöht? Diese Frage wurde von einer kürzlich publizierten Arbeit einer chinesischen Forschergruppe beantwortet (Liu et al. 2022).

In dieser Studie wurden insgesamt 3523 Frauen in der 1.–4. Schwangerschaftswoche inkludiert und in folgende 3 Gruppen aufgeteilt:

  1. Parodontal gesunde Frauen (n = 2255)
  2. Frauen mit Parodontitis (mindestens Stadium 2 oder höher; n = 749), die eine parodontale Therapie verweigerten
  3. Frauen mit Parodontitis (mindestens Stadium 2 oder höher; n = 519), die sich parodontal behandeln ließen

In der 24.–28. Schwangerschaftswoche wurde bei allen Teilnehmerinnen ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt und es zeigten sich sehr interessante Ergebnisse. Jene Frauen, die keine Parodontitis aufwiesen, zeigten eine Inzidenz für Schwangerschaftsdiabetes von 4,8 %.
Diese Inzidenz war höher in den zwei Gruppen mit Frauen mit Parodontitis. Während jene Frauen mit Parodontitis, die sich behandeln ließen, eine Inzidenz von 7,3 % aufwiesen, lag die Inzidenz bei den parodontal unbehandelten Frauen schon über 10 %, exakt bei 11,2 %. Somit wiesen parodontal erkrankte aber unbehandelte Frauen eine mehr als 2-fach höhere Inzidenzrate für Schwangerschaftsdiabetes im Vergleich zu den parodontal gesunden Frauen auf! Dementsprechend zeigte auch eine komplexere statistische Analyse, dass Parodontitis zu einer signifikanten Erhöhung des Risikos für Schwangerschaftsdiabetes führt. Weitere Faktoren, die in dieser Population zu einer signifikanten Erhöhung des Risikos für Schwangerschaftsdiabetes führten, waren der Body Mass Index (BMI), Bluthochdruck und bekannte Diabetesfälle in der Verwandtschaft.

Diese Daten belegen einmal mehr, wie wichtig eine gute Zusammenarbeit zwischen Gynäkolog:innen, Geburtshelfer:innen & dem zahnärztlichen Team sind!

Referenz

  1. Liu, F., Sui, W., Zhou, Z.-F., Mi, Y., He, T.-Q., Li, Z.-B., Hong, Y.-L., & Chen, F.-M. (2022). Development of gestational diabetes mellitus in women with periodontitis in early pregnancy: A population-based clinical study. Journal of Clinical Periodontology, 49(2), 164–176. https://doi.org/10.1111/jcpe.13578
    Mehr Informationen zu Schwangerschaftsdiabetes: https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/stoffwechsel/diabetes/schwangerschaftsdiabetes

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