Berichte & Studien

Ozon in der Zahnheilkunde: Teil 1

Ozon

Ozongas hilft nachweislich bei der Therapie von oberflächlichen Kariesformen, fördert die Wundheilung und Epithelisierung und unterstützt professionelle Prophylaxe.
Svea Baumgarten, Dr. med. dent., M Sc, anerkannte Implantologin lässt Sie an Ihren Erfahrung mit Ozonanwendungen teilhaben.

Ozongas ist ein hochwirksames Oberflächendesinfiziens für Instrumente, Implantate und Prothesen. Durch den spontanen und katalysierten Zerfall des Moleküls eignet es sich zur Anwendung in der Mundhöhle bei chirurgischen Eingriffen; infolge von positiven biophysiologischen Eigenschaften fördert es Wundheilung und Epithelisierung und es verstärkt die natürlichen antiradikalischen Prinzipien von Zellen (durch Enzyminduktion).

Zusätzlich unterstützt Ozongas die professionelle Prophylaxe. Die Anwendung wird in Teil 2 dieser Serie am Fall einer schweren Parodontitis marginalis im Oberkieferfrontbereich vorgestellt, welche durch wiederholten Einsatz von Ozongas (Prozone) klinisch signifikant gebessert werden konnte. Daneben hilft Ozongas nachweislich bei der Therapie von oberflächlichen Kariesformen (Fissuren-, Okklusal- und Wurzelkaries). Erste Ergebnisse lassen vermuten, dass Ozon auch bei der Behandlung von Periimplantitis und bei Endodontalinfektionen eingesetzt werden kann. Es ist besser biokompatibel und weniger zytotoxisch als Natriumhypochlorit.

Einleitung

Es ist erstaunlich zu realisieren, dass Ozonanwendung in der Zahnheilkunde nach dem zweiten Weltkrieg populär gewesen ist trotz des geringen technologischen Komforts der ozonproduzierenden Geräte. Oralchirurgen und Zahnärzte haben Ozon zur Bekämpfung von infektiösen Komplikationen bei implantierten Patienten eingesetzt. Ein Protagonist der Ozontherapie war Sandhaus in Zürich, der einen Ozonisator für die parallele Anwendung von Ozongas und ozonisiertem Wasser entwickelt hat. In einem Beitrag zur Zahnärztlichen Praxis1 stellt er zwei implantierte Fälle mit aggressiver Mucositis bzw. palatinalem Empyem vor.

Beim ersten Fall benutzte er professionelle Reinigungsmethoden, Irrigation mit Ozonwasser und Serien von Ozongasapplikation. Beim zweiten Fall führte er eine Inzision zur Drainage des Empyems durch und Spülungen mit Ozonwasser und Ozongasinsufflationen in den infizierten Bereich der Submukosa. Diese Maßnahmen wurden eine Woche lang täglich wiederholt. Die infektiösen Komplikationen beider Fälle wurden erfolgreich bekämpft. Sandhaus hielt die Ozonanwendung für besser als eine Chemotherapie.

Eine kurze Zusammenfassung der Ozonanwendung in der praktischen Implantologie ist von Koch2 publiziert worden. Zwischen 1969 und 1974 wurden bei 289 Patienten 618 Implantate gesetzt. Regelmäßige Nachschau ergab eine Langzeitversagensquote von 3.8 %. Alle erfolgreich gesetzten Implantate hatten von prae-, peri- und post-operativer Ozonwasseranwendung profitiert. Koch vermutete, dass die erfolgreiche Implantat-Integrationsquote auf der Ozonanwendung beruhte. Es fehlen aber Angaben über die Versagensquote bei Kontrollen ohne Ozonanwendung.

Ein Protagonist der Ozonanwendung bei der konservativen und der operativen Zahnheilkunde war Türk3 der eine ausführliche Indikationsliste publiziert hat. Infolge von signifikanten Fortschritten in der Gerätetechnologie (z.B. OzonyTron, Mymed, Töging/Germany, HealOzone, KaVo, Biberach/Germany und Prozone, W&H. Laufen Obb./Germany) wird die Ozonanwendung in der Zahnheilkunde seit einigen Jahren wieder populär.

Ozon als Desinfiziens

Ozon ist schon länger als Wasserdesinfektionsmittel im Gebrauch wegen seiner zuverlässigen Oxidationsqualität gegenüber chemischen, organischen und biologischen Verunreinigungen. Es eignet sich zur Reduktion der Bakterienlast in zahnärztlichen Wasser- und in Dialysesystemen. Es kann die Ausbildung von Biofilmen in Röhren- und Schlauchsystemen verhindern, wenn es in regelmäßigen Intervallen in die Systeme eingebracht wird. Zur Effizienzsteigerung werden meist weitere Zusätze (z.B. Wasserstoffperoxyd) benötigt.

Eine Europaweite Studie zur Wasser-Qualität von Zahnarztpraxen hat ergeben, dass die empfohlenen Grenzkonzentrationen von Mikroben (max. 200 koloniebildende Einheiten/ml Wasser gemäß den Richtlinien der American Dental Association4) bei 51 % aller getesteten Wasserversorgungssysteme (237 Praxen) überschritten waren (hoher Anteil an opportunistischen Keimen, e.g. Legionella pneumophila, Pseudomonas aeruginosa, Mycobacterien und Coliforme Spezies). Dies ist eine ungünstige Situation, weil in den Praxen auch immuninsuffiziente Patienten betreut werden, für die eine solche Keimbelastung gefährlich ist.

Ozon ist wegen seiner Potenz als Oxidans (das drittstärkste Oxidans nach Fluor und Peroxysulfat) und wegen seiner metallionenkatalysierten schnellen Zersetzung mit intermediärer Bildung von Sauerstoff- und Hydroxylradikalen ein geeigneter Kandidat zur Reduzierung der bakteriellen, Endotoxin- und organischen Belastung in Wassersystemen. Ozon ist auf molarer Basis ein mehrhundertfach stärkeres Oxidans als Wasserstoffperoxid.

In geringen Konzentrationen reagiert es synergistisch mit Wasserstoffperoxid und zerstört bereitwillig organisches Material. Es ist ein selbstlimitierendes Oxidans wegen seiner Tendenz zur spontanen Zerfall in Sauerstoff und hochreaktiven Singulettsauerstoff 1O2 (23 kcal/mol), der seinerseits mit Wasser unter Bildung von Hydroxylradikalen und Wasserstoffperoxid reagiert 5. Dieser Prozess wird durch die Anwesenheit von übergangsmetallionischen Redoxsystemen (Fe++/+++, Cu+/++) oder Titan beschleunigt. Die Ozonkonzentration wird in biologischem Milieu durch Thiolreagenzien (z.B. reduziertes Glutathion, GSH, oder Cystein), durch Aminosäuren, Proteine und andere organischen Molekülen reduziert; dies verringert die Potenz von Ozon im Organismus erheblich.

Die Löslichkeit von Ozon in Wasser (50 ml Ozon in 100 ml Wasser bei 0 °C) ist 10mal höher als die von Sauerstoff. Die Halbwertszeit von Ozon liegt in der Größenordnung von 1 Stunde bei 220 °C 6 und von ca. 3 Stunden bei 40 °C, wenn bidestilliertes Wasser als Lösungsmittel verwendet wird.

Die meisten biologischen Systeme verwenden Di-Oxygen (also Sauerstoff) als Elektronenakzeptor. Sauerstoff ist eine schwach oxydierende biradkalische Spezies. Die Elektronenaufnahme resultiert in der Bildung von Superoxianionradikalen (.O2-). Als Beispiel sei die mitochondriale aerobe Oxidation von Substraten des Citratzyklus erwähnt, die zum permanenten Anfall von Superoxidradikalen führt, die durch die Aktivität von Superoxiddismutasen (SOD’s) entgiftet werden. Diese Enzyme entgiften Superoxid durch Umwandlung in Wasserstoffperoxid. Dieses wird dann durch Katalasen und durch GSH-Peroxidasen zu Wasser und Sauerstoff umgewandelt. Außerdem werden Sauerstoffradikale durch kleinmolekulare Antioxidanzien wie Vitamin E (Tocopherol), ß-Carotin, reduziertes Glutathion (GSH), Cystein und Ascorbinsäure neutralisiert.

Parodontitis und Periimplantitis sind vergesellschaftet mit oder verursacht durch mikrobiale Pathogene; dazu rechnen wir gramnegative anaerobe und grampositive opportunistische aerobe Keimarten 7. Diese parodontopathogenen Keime bilden bakterielle Biofilme (Plaques) im Zwischenraum zwischen Hartsubstanzen und Weichgeweben in der Mundhöhle bzw. in Dentalwassersystemen oder Dialysesystemen. Diese Biofilme machen die eingeschlossenen Bakterien unempfindlich gegen wirtsständige Abwehrmechanismen und gegen systemisch verabreichte Antibiotika. Die Herausforderung von Zahnarzt und Patient besteht deshalb in der alltäglichen Bekämpfung von biofilmbildenden Bakterien durch mechanische und chemodesinfektive Maßnahmen als den einzig wirksamen prophylaktischen Prinzipien zur Verhinderung des Auftretens und/oder der Progression von Parodontitis bzw. Periimplantitis.

Brauner8 hat gezeigt, dass die Kombination von professioneller Zahnreinigung und täglichen Spülungen der Mundhöhle mit Ozonwasser den klinischen Befund Gingivitis bzw. Parodontitis bessern kann. Plaque-Indizes und Blutungsneigung kehrten aber schnell zur Ausgangssituation zurück, wenn die professionellen Maß-nahmen unterbrochen wurden. Mundspülungen mit Ozonwasser ohne mechanische Verfahren zur Plaquereduierung waren erfolglos.

Vorschau auf Teil 2

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe des W&H Newsletters (September 2009):
Erfolgreiche Behandlung einer fortgeschrittenen Parodontitis marginalis profunda in der Oberkieferfront einer 42-jährigen Patientin mit lokaler Ozongasapplikation. Mehr Info


Quelltext: Dr. Svea Baumgarten, M Sc, Bürgerweide 36, 20535 Hamburg,
Tel.: (0049)40-259303, Fax No.: 040-27145679; svea.baumgarten@t-online.de.

Literaturverzeichnis:
finden Sie im vollständigen Anwenderbericht (siehe im rechten Downloadbereich dieser Seite)

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