Berichte & Studien

Piezochirurgie ist die Methode der Wahl

Dr. Stavros Pelekanos (Athen) sieht Paradigmenwechsel in zahnärztlicher Chirurgie.
Dr. Stavros Pelekanos (Athen) sieht Paradigmenwechsel in zahnärztlicher Chirurgie.

Warum verwenden Sie ein piezochirurgisches Gerät?

Pelekanos: Der entscheidende Vorteil der Piezotechnik ist, dass das Weichgewebe unversehrt bleibt. Knochen wird dagegen besonders schonend abgetragen. Patienten bekommen weniger postoperative Schwellungen und damit eine bessere Heilung [1,2].

Können Sie Zahlen nennen?

Pelekanos: Zum Beispiel wird das Risiko, beim externen Sinuslift die Schneider’sche Membran zu verletzen, mit Piezo gegenüber rotierenden Instrumenten von 30 auf 7 % gesenkt [3]. Patienten werden generell durch die schonende Funktionsweise kaum beeinträchtigt. Gerade junge Kollegen zeigen auf Fortbildungen großes Interesse an Piezochirurgie, ich sehe hier einen echten Paradigmenwechsel.

Wird diese „sanfte“ Chirurgie nicht durch geringere Effektivität erkauft?

Pelekanos: Patienten wünschen sich kurze Operationen. Als ich vor etwa zehn Jahren das erste Mal mit Piezo operierte, war ich von der Effektivität enttäuscht. Neue Geräte wie das Piezomed sind aber ebenso leistungsfähig wie rotierende Instrumente. Hinzu kommt, dass die Mikroschwingungen ein viel feineres Arbeiten als der direkt wirkende rotierende Antrieb erlauben. Außerdem blutet mein Arbeitsfeld durch den Kavitationseffekt weniger. Das verbessert die Übersicht und spart zusätzlich Zeit.

Ihre Lieblingsindikation ist der externe Sinuslift. Erklären Sie uns bitte Ihr Vorgehen.

Pelekanos: Meines Erachtens ist die externe Sinusboden-Augmentation eine absolute Indikation für Piezochirurgie. Die Verletzung der Schneider’schen Membran ist hier die häufigste Komplikation [4] – warum sollte ich meine Patienten unnötig gefährden? Nach Präparation eines Mukoperiostlappens definiere ich das Knochenfenster mit einer Säge (B1 oder B6/B7). Diese Instrumente sind sehr fein verzahnt und können daher bei Bedarf langsamer eingesetzt werden als Instrumente mit weniger Zähnen. Dann wechsele ich auf ein diamantiertes Sinus-Instrument (S1), bis die bläulich durchschimmernde Membran erkennbar wird. Wer sicher gehen möchte, rundet die Kanten des Knochendeckels mit dem kugelförmigen Piezodiamanten S2 ab.

externer Sinuslift
Das Knochenfenster lässt sich beim externen Sinuslift sehr exakt mit einer Piezosäge definieren (B1). Der Knochenverlust ist durch die feine Verzahnung minimal (Foto: Dr. Stavros Pelekanos).
externer Sinuslift
Nach dem Abheben des Knochendeckels wird verbleibender Knochen schonend abgetragen. Beim Elefantenfuß-Instrument (S3) schützt ein Kühlmittelfilm aus drei Spray-Öffnungen die Schneider’sche Membran (Foto: Dr. Stavros Pelekanos).

Lassen sich mit rotierenden Sägen nicht feinere Schnitte ausführen?
Warum erweitern Sie mit dem runden Diamanten?

Pelekanos: Mit Mikrosägen kann ich nicht kontrollieren, ob ich die Membran verletzt habe. Ein schonendes Abrunden des Knochendeckels mit dem S2 verhindert Perforationen durch scharfe Kanten. Geübte Operateure können hierauf eventuell verzichten. Die nächsten Schritte sind das vorsichtige Abheben des Knochendeckels und dann das weitere Glätten verbleibenden Knochens mit dem Elefantenfuß (S3).

Sie tragen den Knochendeckel nicht vollständig mit dem Elefantenfuß ab?

Pelekanos: Nein, ich möchte den gemahlenen Knochen als Augmentationsmaterial verwerten. Außerdem dauert der erosive Abtrag zu lange. Aus demselben Grund löse ich die Membran gern mit einer Kramer-Kürette (SKRA 36, Hu-Friedy). Jetzt heißt es, extrem vorsichtig weiter zu arbeiten, da die Membran je nach Patient sehr leicht reißen kann. Alternativ eignen sich Piezo-Instrumente (zuerst S3, dann S4 oder S5).

Was hat es mit der automatischen Instrumentenerkennung auf sich?

Pelekanos: Das ist eine im Piezobereich einzigartige, von W&H patentierte Technik. Das Gerät erkennt die Instrumente und stellt sich automatisch auf die optimale Leistung ein. Das ist komfortabel, spart Zeit und schont nicht zuletzt Patienten und Instrumente.

Ihre Praxisklinik ist auf ästhetische Rekonstruktionen und Implantologie spezialisiert.
Für welche Indikationen setzen Sie Ihr Piezomed Gerät ein?

Pelekanos: In der Oberkieferfront müssen Zähne wegen der dünnen bukkalen Knochenlamellen extrem vorsichtig entfernt werden. Dazu verwenden wir gern die Instrumente EX1 und EX2. Hinzu kommen in meiner Klinik Knochenentnahmen aus der Linea obliqua des Unterkiefers und Kronenverlängerungen für die Prothetik. Hier eignen sich zum Beispiel der scharfe Meißel B4 oder die Diamantkugel S2 zum vorsichtigen Kürzen des Limbus alveolaris. Aber auch für das parodontale Debridement gibt es ideal abgewinkelte, effektive Instrumente.

Ein piezochirurgisches Gerät ist also nicht nur etwas für Oralchirurgen?

Pelekanos: Wer als allgemein praktizierender Zahnarzt chirurgisch tätig ist, wird von Geräten wie dem Piezomed sehr profitieren. Ob für die Prothetik, Parodontologie, Endodontie oder die kleine und auch größere Chirurgie: Piezochirurgie ist extrem vielseitig. Am wichtigsten ist aber die schonende und trotzdem effektive Arbeitsweise: Patienten merken den Unterschied und kommen wieder in die Praxis.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Dr. Stavros Pelekanos
Universität Athen, Griechenland

Dr. Stavros Pelekanos

Literatur:

  1. Wallace SS, et al. The journal of evidence-based dental practice 2012;12:161-171.
  2. Delilbasi C, Gurler G. Implant Dent 2013;22:662-665.
  3. Wallace SS, et al. Int J Periodontics Restorative Dent 2007;27:413-419.
  4. Schwartz-Arad D, et al. J Periodontol 2004;75:511-516.

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